6. Dezember: Sata vuotta Suomi
Heute, an einem besonderen Datum für die finnische Bevölkerung, ist es Zeit, endlich mal wieder über die ereignisreichen letzten Wochen zu berichten, in denen ich viel unterwegs war.
Zuerst allerdings eine Erklärung, weshalb der sechste Dezember in Finnland so wichtig ist: es ist der finnische Unabhängigkeitstag. dazu kommt, dass dieses Jahr ein ganz besonderes Jubiläum gefeiert wird, denn Finnland blickt heute stolz zurück auf genau hundert Jahre Unabhängigkeit. Es gab bereits eine Prozession der Studenten durch die Stadt, im Moment laufen die Feierlichkeiten in der Presidentinlinna und um 22Uhr findet noch ein Feuerwerk statt. Insgesamt ist die Tradition der Finnen, wie sie ihren Unabhängigkeitstag verbringen, aber eher unspektakulär. Der Durchschnittsfinne oder die Durchschnittsfinnin sitzt zuhause vor dem Fernseher und sieht sich die Liveübertragung der vom Präsidenten ausgericheteten Veranstaltung an, um herauszufinden, wer eine Einladung bekommen hat und wer nicht, und um sich über die Kleidungswahl der Teilnehmenden lustig zu machen.
Wochenende vom 25./ 26. November 2017:
Am Freitag, den 24. November haben Johannes und ich uns abends im Kappi getroffen, um von dort mit dem Fernbus nach Vihti zu fahren. Dort leben Carmen und Mirka, denen wir gerne mal einen Besuch abstatten wollten. Die Fahrt dorthin dauert etwas länger als eine Stunde. Als wir ankamen, liefen uns die Beiden auch schon entgegen, um uns von der Bushaltestelle abzuholen. Zu ihrer Wohnung, die etwas außerhalb liegt, waren es geschätzte 20-20 Minuten zu Fuß, wobei ganz Vihti schon einmal komplett durchquert wurde, das Örtchen hat nämlich nur gute 5000 Einwohner. Im nächtlichen Dunkel konnten wir aber noch nicht so viel erkennen.
Bei Carmen und Mirka zuhause angekommen redeten wir viel und tauschten uns aus über unsere Projekte, Pläne zum Reisen und was uns sonst noch einfiel aus. Wir haben auch ein mir bis dahin umbekanntes Kartenspiel gespielt, bei dem mehrere Symbole auf einer Karte sind, und immer derjenige, der eines hat, das auf der offenliegenden Karte auch zu finden ist, seine Karte schnell obendrauf legen muss.
Am nächsten Tag gingen wir nach ausgiebigen Frühstück los, um Vihti bei Tag zu sehen. Das Museum hatte leider zu, also liefen wir das Ufer des obligatorischen Sees entlang. Es war überraschend schönes Wetter, so blauen Himmel und so viel Sonne hatte Finnlands Süden lange nicht gesehen. Umso schöner erschien der See und das kleine Örtchen.
Vom See aus gingen wir zu Carmens und Mirkas Arbeitsplatz: einer kleinen Handarbeitsfabrik für Menschen mit Behinderungen. Zusammen mit den dort arbeitenden Menschen weben sie Teppiche auf extra angefertigten Maschinen, stellen Schlüsselanhänger her und mehr. Einen von den letzteren können wir uns als Andenken sogar mitnehmen. Mir gefällt die Einrichtung sehr gut. Ich glaube, eine gute Sache an diesem Projekt ist auch, dass man ein tatsächliches Ergebnis seiner Arbeit in der Hand hat, das man verkaufen kann, das gibt viel Bestätigung, wie ich mir vorstellen kann.
Von dort aus besuchten wir die Kirche auf einem kleinen Hügel im Zentrum, von dem aus man einen schönen Rundumblick hatte. Weiter ging es zu Carmen und Mirkas Finnischleherin, die sie für ihren Unterricht immer zuhause besuchen. Die gute hatte von ihrem Glück keine Ahnung und war dementsprechend überrascht, als die beiden noch mit Johannes und mir vor der Tür standen. Sie bat uns aber herein und wir machten es uns gemütlich.
Carmen und Mirkas Finnischlehrerin ist pensioniert, geschätzt zwischen 60 und 70 und spricht neben Finnisch auch fließendes und sehr gutes Englisch und fast ebenso gutes Deutsch, auf dem sie sich mit Johannes und mir unterhielt. Außerdem hat sie seit ihrer Pensionierung auch nochmal angefangen, Russisch zu lernen.
Sie war überaus herzlich: wir bekamen selbstgemachten Saft serviert, dazu Kekse. Wir plauderten so eine gute Stunde über unsere Projekte, ihre lang vergangenen Jahre an einer Grudschule in Österreich und vieles mehr. Danach war es Zeit, zur Busstation zurückzulaufen.
Gegen 16Uhr wieder in Helsinki angekommen, machte ich mich sofort auf zur nächsten Veranstaltung: Tuukka, Marijas Gastvater, feierte seinen Geburtstag, zu dem ich auch eingeladen war. Das ganze fand in einem mietbaren Raum auf dem Gelände statt, wo auch Marijas Gastfamilie ihre Wohnung hat. Es waren viele Leute da, hauptsächlich Nachbarn und Familie. Und natürlich Marija und ich dazwischen. Als Geschenk brachten wir Tuukka Socken, über die er sich sehr freute, da er nach eigener Aussage keine mehr ohne Löcher besitzt, was besonders im finnischen Winter eher suboptimal ist.
Wir unterhielten uns mit den anderen Gästen und wurden zwischendurch immer wieder von Programmeinlagen überrascht: Tuukka wurde entführt von maskierten Menschen, die uns mit einem Fön drohten und verlangten, dass wir 40 Gründe aufschreiben, weshalb Tuukka zur Partyzurückkehrenn müsse. Highlight des Abends war allerdings ein Bierkostwettbewerb, mit dabei Tuukkas Selbstgebräutes. Insgesamt ein lustiger und gelungener Abend.
Wochenende vom 2./ 3. Dezember:
Freitag Abend holte ich Max spät in Pasila ab: Grund seiner Anreise: Ein Wochenendtripp nach Tallinn. Los ging es richtig am nächsten Morgen: Gegen 6Uhr standen wir auf, um 7Uhr machten wir uns schon aus dem Haus, um eine Stunde später auf der Fähre zu sitzen. Die Überfahrt dauert etwa zweieinhalb Stunden. Das meistkonsumierte Getränk in dieser Zeit war wohl Bier, zumindest bekam man diesen Eindruck, wenn man sich in dem Restaurant auf dem obersten Deck umschaute. Das ist nicht gerade überraschend: es ist aufgrund der finnische Alkoholpreise nicht unüblich, Tallinn einen Tagesbesuch abzustatten, sich einzudecken und auf Hin- und Rückfahrt noch die Steuerfreiheit auf hoher See auszukosten.
Um 11Uhr in Tallinn angekommen, erwartete uns ein Kommando aus zwei Leuten, um uns abzuholen. Es war nämlch kein Tripp zu zweit geplant, insgesamt betrug die Größe unserer Truppe 9 Leute, von denen wir fast niemanden kannten. Hintergrund dieser Zusammnekunft. eine gute Schulfreundin macht einen Freiwilligendienst in Lettland und hat mich eingeladen ihre Truppe von Freiwilligen aus Lettland und einer aus Litauen bei einer kleinen Tour durch die Hauptstadt Estlands zu begleiten. Ich habe natürlich zugestimmt und Max gleich mitgenommen.
Sie ist es natürlich auch, die uns am Hafen erwarteten, zusammen mit einer anderen Frewilligin, die auch aus Deutschland kommt. Zusammen liefen wir in die Innenstadt, genauer gesagt Altstadt, wo wir uns vor der Touristeninformation mit dem Rest trafen. Insgesamt warend es fünf aus Deutschland, drei aus Österreich und ein Kroate.
Zuerst stand eine Tour durch die Altstadt auf dem Programm. Die Führerin machte es auf eine sehr humoristische Art, durch die man gerne zwei Stunden zuhörte, wie sie über estnische Geschichte erzählte, von kirchen, in die Schwimmbäder gebaut werden sollten oder einfach von der estnischen Art allgemein. Die Altstadt ist sehr schön, es gibt viele mittelalterliche Gebäude, viele Kirchen, Gassen und kleine Plätze.Sie ist auch unterteilt in "obere und untere Stadt". Von oben hat man einen schönen Ausblick über Tallinn und kan an der Aussichtsplattform auch Stephen, die Möwe treffen.
Danach hatten wir aber erstmal genug von Kälte und Wetter, das sich nicht zwischen Wind, Sonne, Regen und Schnee entscheiden konnte und gingen Essen. Nach einer Stärkung suchten wir unser Hostel auf, um dort noch eine gute Stunde zu entspannen, bevor uns wieder raus wagten. Die nächste Stunde verbrachten wir auf dem Talliner Weihnachtsmarkt. Er war nicht allzu groß, aber beim Durchstöbern von Mützen, Schals und anderem Wollhandwerk kam die richtige Weihnachtsstimmung auf und der ein oder andere Glühwein rundete das ganze ab. Auf einer Bühne wurde außerdem estnischer Volkstanz gezeigt. Danach trennte sich die Truppe: meine Schulfreundin, Max und ich gingen nochmal die Route der Stadtführung ab, weil wir die Ausblicke und vor allem ein Denkmal, das im Dunkeln beleuchtet wird, bei Nacht sehen wollten. Allzu groß ist Tallinns Altstadt aber auch nicht, sodass wir den Rest zweimal zufällig trafen.
Gegen 9 waren wir dann wieder durchgeforen genug und setzten uns in einen Pub. Immer wurden müde und gingen ins Hostel schlafen, wir drei plus ein weiterer von den Österreichern blieben allerdings länger, denn um Mitternacht galt es anzustoßen: Max hatte an Sonntag Geburtstag. Wir blieben also bis in den frühen Morgen, bevor wir zurückkehrten ins Hostel.
Am nächsten Tag schliefen alle lang und aus, bis auf meine Schulfreundin und mich: wir stahlen uns knapp zwei Stunden früher los, liefen ein bisschen durch die Stadt und besorgten ein paar Kleinigkeiten für Max. Ein Kuchen, der bereits in Lettland gebacken worden war, stand auch bereit.
Nachdem alle aufgestanden waren, war es dann so weit. Wir versammelten uns bis auf das Geburtstagskind in einem Zimmer, um den mit nichts rechnenden, verdutzen Max mit einer Gesangseinlage zu überraschen. Die Überraschung gelang, danach verzehrten wir den Kuchen als Frühstück.
Danach machten wir uns auf, um nochmal einen anderen teil der Stadt zu erkunden: es gibt ein Hipsterviertel, in dem es viele Designläden und ähnliches geben soll, was uns interessierte. Bei dem aufkommenden Schneegestöber machte Rumbummeln allerdings weniger Spaß, sodass wir und nach ein, zwei Läden in die große Markthalle des Viertels flüchteten. In der obersten Etage gab es dort etwas, was ich so auch noch nicht gesehen hatte: ein riesige Fläche an Läden mit engen Gängen zwischen zugestellten Regaln, die altes Zeug verkaufen. Dies reichte von harmlosen Briefmarken über Sowjethüte bis hin zu einer Naziuniform, deren Echtheit wir allerdings anzweifelten. Es war ein wenig bizarr, durch Sammlungen von Kopfbedeckungen aus nationalsozialistischer Zeit zu wandern, aber auch faszinierend, was sich dort alles finden ließ.
Nachdem wir in der Markthalle gegessen hatten, war es Zeit für alle Lettlandfreiwilligen zum Busbahnhof zu gehen. Wir verabschiedeten uns, anstatt mit dem Händedruck von gestern allerdings mit freundschaftlicher Umarmung, man hatte sich ja über zwei Tage ganz gut kennengelernt. Ob wir sie wiedersehen ist fraglich, schän wäre es.
Max, die Frewillige aus Litauen und ich blieben noch in der Halle und quatschten, ehe wir beiden Jungs los mussten, um um 18Uhr unsere Fähre zu erwischen.
Um 21hr erreichten wir wieder den Hafen Helsinkis, wo Max eine kleine letzte Überraschung erwartete: Sarah und Johannes holten uns ab und wir verbrachten noch ein, zwei Stündchen zusammen. Am Montag moregn ging es für ihn wieder nach Hause, allerdings wird diesmal weniger lang dauern, bis man sich mal wieder sieht.
Zugegebenermaßen ist dieser Eintrag noch nachbearbeitet und nicht am 6. Dezember fertiggestellt worden. Das hat folgenden Grund: gestern musste ich das Schreiben unterbrechen, da ich um 21Uhr nochml in Helsinkis Zentrum fuhr. Vom Tähtitorninmäki, einem kleinen Hügel im Süden des Zentrums, schaute ich mir unter unzähligen Finnen und Finninnen das Feuerwerk zur Feier des Tages an. Das ganze hatte etwas magisches: ich habe Helsinki noch nie so belebt gesehen, unzählige Menschen strömten auf diesen Hügel, um von dort zu schauen. Dass Schnee lag und es weiter schneite, passte nur zu gut zur Situation und Finnlands Geburtstag. In der Bahn auf dem Weg ins Zentrum wurde auf einmal die Nationalhymne angestimmt, ein Moment zwischen Irritation und Gänsehaut. Nach dem Feuerwerk lagen diejenigen, sie zusammen gekommen waren, sich in den Armen, die Stimmung war toll, das Feuerwerk schön. Ein beeindruckender Abend für mich, und mit diesem schönen Eindruck vor Augen möchte ich diesen Eintrag auch beenden mit den Worten:
Glückwunsch zu 100 Jahren, Suomi!
Eine kleine Gallerie:
Johannes, Carmen, Mirka und ich in Vihti
Auf Stadtour
Eines der übrig gebliebenen Stadttore
Eine der nicht wenigen Kirchen Tallinns
Blick auf die Altstadt
Stephen, die Möwe
Die ganze Truppe auf dem Weihnachtsmarkt
Ausblick bei Nacht
Noch ein spätes Gruppenbild
Menschenmassen auf dem Tähtitorninmäki
Finnlands Jubiläumsfeuerwerk
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Scheike (Dienstag, 05 September 2017 09:19)
Du hast Dir eine wirklich große Aufgabe vorgenommen!
Vero (Dienstag, 03 Oktober 2017 15:05)
Ein Putzmittelwortschatz kann man immer gut gebrauchen. Du wirst noch froh darüber sein, es gelernt zu haben.