27. August 2017: Das erste Wochenende allein ist überstanden!

 

Es ist Sonntag abend und das erste Wochenende in meiner Wohnung ist somit überstanden. Es gab jede Menge Organisatorisches zu tun, aber ab und zu habe ich das Haus tatsächlich doch verlassen.

 

Samstag, 26. August:

 

Zum ersten Mal seit längerem muss ich nicht nach irgendeinem Zeitplan aufstehen, was ich auch gleich ausnutze. Ich lasse den Tag entspannt angehen, große Pläne habe ich nicht. Vorerst werde ich auch sowieso nicht aus dem Haus kommen, da ich einiges organisieren und gefühlte Berge an Formularen ausfüllen muss. Als erstes steht meine Registrierung in Finnland an. Als EU-Bürger muss ich zwar kein Visum oder ähnliches beantragen, allerdings überschreitet mein Aufenthalt eine Zeitspanne von drei Monaten, weshalb ich mein Aufenthaltsrecht registrieren muss. Zumindest glaube ich, das so richtig verstanden zu haben, in Sachen Bürokratie scheinen die Finnen auch nicht schlecht dabei zu sein.

Ich fülle also das Onlineformular aus und suche mir einen Termin aus, leider ist der erste freie Termin Anfang Oktober. An sich ist das nicht schlimm, da ich drei Monate Zeit hab, allerdings kann ich meine Travel Card für das Hauptstadtgebiet, mit der ich unbegrenzt fahren kann, erst erhalten, wenn ich als Bürger in Helsinki registriert bin, bis dahin ist der Nahverkehr für mich relativ teuer. Die Fahrtkosten zur Arbeit und zurück kriege ich durch Maailmanvaihto erstattet, den Rest muss ich aber vorerst selber tragen.

Anschließend muss ich noch eine Checkliste für den ICJA ausfüllen und ein paar weitere kleine Sachen erledigen. So ist es auf einmal schon Nachmittag und ich beschließe, einen kleinen Spaziergang durch den Central Park direkt an meiner Haustür zu unternehmen. Beim Laufen durch den Keskuspuisto hat man nicht das Gefühl, man wäre in einer Großstadt, was mir sehr gut gefällt. Die schöne Landschaft des Parks lässt einen gut runterkommen und den Kopf frei kriegen. Hier ein kleiner Eindruck, wie es aussieht:

Als ich nach Hause komme, ist es Abend, und ich mache mir was zu essen. Währenddessen schreibt Johannes in unsere Freiwilligengruppe, dass was in der Innenstadt los ist und ich entschließe mich, mir das nicht entgehen zu lassen. Nach dem Essen fahre ich so schnell es geht mit der Bahn in die Stadt und treffe Johannes am Senatsplatz. Auf der Treppe vor dem Dom ist einiges aufgebaut: ein Orchester spielt, dazu singen ein Mann und eine Frau unterstützt von einem Chor und es wird getanzt. Alle tragen leicht bäuerliche Kleidung. Ich kenne sie nicht, aber ich vermute, dass es sich um traditionelle Gewänder und Musik handelt. Außerdem werden zwischendurch Reden gehalten von Menschen, die ich leider nicht benennen kann, aber ich vermute, es handelt sich um wichtige finnische Persönlichkeiten. Mit meinen Brocken Finnisch verstehe ich immerhin, dass sie von Finnlans Geschichte erzählen und von gemeinsamer Stärke.

Eine 100 aus Blumen verrät uns dann, worum es bei der ganzen Sache geht: es sind Vorfeierlichkeiten des Jubiläums, das Finnland dieses Jahr am 6. Dezember begehen wird: 100 Jahre Unabhängigkeit. Ich erinnere mich, dass Tanja mir erzählt hat, dass schon das ganze Jahr über kleine Feierlichkeiten stattfinden. Ich bin jetzt schon gespannt, was sich das Land für den Tag selbst ausdenken wird. Was mir auch auffällt, ist, dass es in Finnland kein Problem ist, seine Flagge zu tragen und seine Nationalität zu zeigen. Als jemand, der aus einem Land kommt, in dem diese Dinge unüblich bis teilweise verpöhnt sind, fühlt sich das nicht unbedingt befremdlich an, ist aber zumindest ungewohnt. Hier zwei Eindrücke von der Szenerie:

Johannes und ich schauen uns das Spektakel eine gute Stunde an, bevor wir noch ein wenig durch die Stadt schlendern und uns dann am Hauptbahnhof nach einem abendlichen Kaffee zum Aufwärmen verabschieden. Ich bin froh, als ich in meiner Wohnung ankomme, ist es in Finnland doch inzwischen schon ganz frisch geworden. Freunde aus Deutschland berichten von 30°, während die Höchsttemparaturen hier schon Ende August nur noch bei maximal 16/17° liegen. Das stört mich aber nicht wirklich. Enerseits wusste ich das vorher, andererseits ist das mit einer Jacke obendrauf kein Problem. Ich bin allerdings gespannt auf das Wetter, wenn es dann tatsächlich Winter ist. Ich muss an Sevgi im Camp vor ein paar Tagen zurückdenken: "Finnland hat nur zwei Jahreszeiten: Winter und ein bisschen weniger Winter".

Ich schaue noch ein Film und lege mich dann schlafen.

Sonntag, 26. August:

 

Wieder kann ich ausschlafen, einmal noch, bevor mich morgen der Alltag des Arbeitslebens erwartet. Der heutige Tag sieht e ein Treffen mit meiner Supprt-Family vor, dann kann ich auch endlich enthüllen, was es denn damit überhaupt auf sich hat. Den Vormittag allerdings lasse ich wieder an mir vorbeigehen, schreibe am Blog rum und überlege mir, was ich denn so an Zielen in Helsinki und Umbegung besuchen könnte. Gegen nachmittag fahre ich in die Innenstadt und streune durch Straßen, in denen ich noch nicht war, entdecke Kirchen und kleine Parks und bestaune die Architektur, die mir wirkklich imponiert.

Mein Rundgang endet am Hauptbahnhof, denn von hier werde ich ein kleines bisschen außerhalb fahren. Meine Supprt-Family wohnt zwar noch in Helsinki, allerdings nicht besonders zentral. Nach einer Viertelstunde Zugfahrt komme ich im entsprechenden Vorort an und werde vom Familienvater abgeholt. Zusammen laufen wir zum Haus der Familie, was ungefähr 500m vom Bahnhof entfernt liegt.

Dort lerne ich dann Rest der vierköpfigen Familie kennen: sie besteht Paula und Ykä, und ihren beiden kleinen Töchtern Talvikki und Kerttu. Sie sind dieses Jahr erst nach einem Jahr in München zurückgezogen, außerdem haben Paula und Ykä vorher schonmal in Österreich gewohnt, weshalb die gesamte Familie Deutsch spricht. Das erleichtert natürlich die Verständigung, ich hoffe aber, immer mehr auf Finnisch umsteigen zu können.

Wir essen zusammen Abend und unterhalten uns. Paula hat Pasta gemacht, die meine Spaghetti von gestern abend um Jahre übertreffen. Nun aber mal zu der Frage, wie dieses Treffen überhaupt zustande gekommen ist: meine Organisation Maailmanvaihto hat jedem Frewilligen eine Support-Person oder -Family zugeteilt, die ihm/ihr dabei helfen soll, sich einzuleben und mögliche Fragen beantworten soll. Die Kontaktdaten wurden dann übermittelt und wir haben ein Treffen ausgemacht.

Nach beendeter Mahlzeit ist es dann auch wieder Zeit für mich zu gehen. Das gemeinsame Abendessen war jedoch echt schön. Die Familie hat mich super offen und lieb aufgenommen und ich hoffe, dass wir die ein oder andere Sache zusammen unternhemen können.

Auf dem Rückweg fahre ich nicht bis zum Hauptbahnhof, sondern steige eine Station vorher in Pasila aus, um von dort zu laufen, was sich mit dem Weg über den Nahverkehr nicht viel nimmt. Ich muss einmal quer durch den Central Park; wäre es dunkler, wäre das tatsächlich eine ziemlich gruselige Atmosphäre, besonders allein. Nach gut 20 bis 25 Minuten komme ich dann in meiner Wohnung an. Ich mache nicht mehr viel, schließlich ist morgen mein erster Arbeitstag, wo ich fit erscheinen will. Ich bin schon sehr gespannt daraf, mein Projekt kennenzulernen und kann es kaum erwarten, loszulegen. Voller freudiger Erwartung lege ich mich schlafen.