1. September 2017: Bilanz der ersten Woche im Projekt

 

Nach einer überstandenen Woche im Projekt ziehe ich ein wenig Bilanz, was meine Aufgaben sind und wie mir der Einstieg gelungen ist, außerdem möchte ich einen kleinen Ausblick geben, was noch kommen könnte.

 

Nach einer Woche habe ich -glaube ich zumindest- inzwischen verstanden, was die Zielstellung meines Projektes ist. Es heißt zwar "Ammattiopisto", zu deutsch Berufsschule, allerdings geht es nicht nur um das Vorbereiten auf einen Beruf, sondern allgemeine Lebenspraxis. So kann man das, denke ich, ganz gut beschreiben, wenn man sic den Wochenplan anschaut: (ich lade das Bild nochmal mit Übersetzungen hoch)

Im Unterrichtsplan für diese Woche war alles beinhaltet von einfacher Mathematik über gemeinsames Kochen bis hin zur im letzten Eintrag beschriebenen Simulation eines Meetings. Das geht über die Arbeitswelt hinaus, vielmehr soll den Schülerinnen und Schülern Unterstützung für möglichst viele Lebenslagen gegeben werden. Unterstützung ist dabei allerdings vielleicht nicht ganz das passende Wort. Maija betont mir gegenüber immer wieder, dass sie während des Unterrichts bei Aufgaben praktischer Ort nach Möglichkeit nicht hilft, da sie zeigen möchte, dass sie den Schülerinnen und Schülern zutraut, es alleine zu bewältigen. Unsere Aufgabe ist es zu erklären, falls etwas nicht klar ist, anosonsten soll den SchülerInnen aber weitestgehend selbstständiges Arbeiten ermöglicht werden.

Und welche Aufgabe spiele ich nun dabei? Nun, einerseits soll ich mit Maija zusammen den Kurs begleiten und dabei mit wachsenden Kommunikationsfertigkeiten auch mehr und mehr Aufaben übernehmen. Zu Beginn bin ich aber eher in einer beobachtenden Rolle. Ich merke, dass mir das zu Gute kommt, habe ich so eine Schule ja noch nie erlebt. Außerdem muss ich einschätzen lernen, was ich mit der Gruppe umsetzen kann und was nicht, da es sich um Menschen mit verschiedenen Behinderungen handelt. Das soll in keinster Weise abwertend klingen, ich möchte es nur einmal sagen, wie es ist. Das ist ja letztlich auch der Grund, weshalb sie an dieser Schule gelandet sind: ohne wären sie wohl nicht in der Lage, vielleicht mal ein Leben alleine zu führen, oder zumindest wäre der Weg dorthin schwerer. Manche brauchen dabei weniger Unterstützung als andere. Was mich allerdings besonders bestürzt hat, war, als ich indirekt mitgekriegt habe, dass die Familien nicht unbedungt hinter ihnen stehen, bzw. an sie glauben. Ich kann einen gewissen realistischen Ansatz zwar verstehen, allerdings gibt es für mich eine Grenze, wenn fehlender Glaube den Schüler oder Schülerin sich sichtlich unwohl fühlen lässt. Ich möchte dazu hier aber nicht weiter ins Detail gehen.

Neben der Tätigkeit als Lehrkraft  kann ich auch einiges an eigenen Projekten starten, Maija ist dabei für so gut wie alles offen. Wir haben schon ein Gespräch über Möglichkeiten geführt. Stunden oder Projekte, die ich leiten werde, können Alles rund ums Thema Deutschland beinhalten, z.B. deutsche Gerichte, wenn wir kochen. Es kann allerdings auch in die kreative Richtung gehen. Es gibt z.B. in der Nähe einen Radiosebder für Menschen mit Behinderungen, für die man einen Beitrag produzieren könnte, auch das Filmen eines Kurzfilms wäre möglich. Ich werde mir was einfallen lassen, bevor ich irgendeinen dieser Ansätze jedoch wahr werden lassen kann, muss ich die im Moment größte Hürde überwinden: die sprachliche Barriere.

Ich hatte zwar schon in Deutschland Finnischunterricht, allerdings konnte ich die Sprache dort kaum üben. Ich versuche, das, was mir möglich ist, auf Finnisch zu sagen, das Reden ist allerdings das, was mir bei weitem am schwersten fällt. Wenn ich die Sprache lese, verstehe ich, solange es nicht um höchstkomplexe Themen geht, so manches, mit ein bisschen Zeit zur Verfügung sogar einiges. Ähnliches gilt für das Hörverstehen, dieses ist allerdings allgemein etwas schlechter, auch wenn ich merke, dass ich doch immer mehr mitkriege und wiedererkenne.

Nun ist es in Finnland im Allgemeinen nun wahrlich kein Problem mit Englisch durchzukommen, allerdings gilt dies nicht für meinen Kurs, von dessen 10 Teilnehmern zwei, drei Englisch können. Wenn ich mit der ganzen Gruppe also etwas machen möchte, muss ich mich definitiv auf Finnisch verständigen können. Ich bin gespannt, wie schnell ich meine Finnischkenntnisse entwickeln kann. Einen radikalen Schritt bin ich dazu schon gegangen: ich habe die Sprache meines Handys auf Finnisch umgestellt. Wehe wehe, wenn ich auf den Bildschirm sehe...

Insgesamt bin ich nach einer Woche recht zuversichtlich, dass dieses Jahr hinsichtlich des Projektes sehr interessant und lehrreich wird, im Weg steht dafür eigentlich nur noch die Sprachbarriere, aber auch die lässt sich knacken. Ansonsten habe ich die Gruppe schon ein wenig lieb gewonnen. Besonders bleiben dabei Momente in Erinnerung wie Tuomas, der ausgelassen zu finnischer Popmusik beim gemeinsamen Musikvideoschauen kurz vor Schulschluss tanzt. Oder Jesses strahlendes Gesicht, als ihm alle zu seinem leckeren Essen gratulieren, das er am Donnerstag gekocht hat.

Ich könnte noch weiteres aufführen, aber ein bischen möchte ich auch für mich behalten. Ich bin jedenfalls gespannt auf die nächsten Wochen und hoffe, dass sich mein positiver erster Eindruck so verfestigt.